Schauspielhaus Graz / Nikolaus Habjan | Österreich
Böhm
ca. 105 min
Puppentheater | Schauspiel
Text: Paulus Hochgatterer | Regie, Spiel: Nikolaus Habjan | Regieassistenz: Martina Gredler | Bühne: Julius Theodor Semmelmann | Puppenbau: Nikolaus Habjan, Marianne Meinl | Kostüme: Cedric Mpaka | Licht: Thomas Trummer | Dramaturgie: Elisabeth Geyer
Karl Böhm war einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Geboren 1894 in Graz begann er seine Laufbahn dort 1917. Nach Stationen in München, Darmstadt und Hamburg wurde er auf Fürsprache Hitlers 1934 an die Semperoper in Dresden berufen, wo Fritz Busch durch den Druck des nationalsozialistischen Regimes zum Rücktritt und zur Emigration gezwungen worden war. 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, wurde Böhm dann Direktor der Wiener Staatsoper. 1945 entfernten ihn die alliierten Verwaltungsbehörden wegen seiner zu großen Nähe zum Nazi-Regime und belegten ihn mit einem Auftrittsverbot. Nach Kriegsende kam er im politisch belasteten Österreich erneut zu Amt und Würden. In den 60er Jahren gehörte Böhm zu den weltweit gefragtesten Dirigenten. Er starb 1981 in Salzburg. Fraglos war Böhm ein großer Künstler, aber eben auch ein Mensch, der sich dem Nationalsozialismus andiente, um seine Karriere voranzutreiben. Dem meisterhaften Puppenspieler und Regisseur Nikolaus Habjan ist mit dem Stück „Böhm“ eine ambivalente und zugleich wunderbar schwebende Studie über ein sich unwissend gebendes Mitläufertum sowie sich anbiedernden Opportunismus gelungen. Ein Stück, das sich mit dem finstersten Kapitel europäischer Geschichte beschäftigt. Habjan, der selbst aus Graz stammt, spielt die unterschiedlichen Rollen mit insgesamt elf Puppen, die das Umfeld des Stardirigenten bilden, im Alleingang – sprechakrobatisch aberwitzig, humorvoll, virtuos und gleichzeitig bitterernst.
Nikolaus Habjan ist zweifellos einer der interessantesten und vielseitigsten Künstler seiner Generation in Österreich. Neben dem Schauspielhaus Graz arbeitet er auch am Volkstheater und am Burgtheater Wien. An der Bayerischen Staatsoper in München inszenierte er 2017 mit „Oberon“ von Carl Maria von Weber seine erste Oper, 2018 im Residenztheater München das Schauspiel „Der Streit“ von Pierre Carlet de Marivaux und am Wiener Akademietheater „Volksvernichtung oder: Meine Leber ist sinnlos“ von Werner Schwab – ebenfalls Grazer.