Liebes Publikum,
„Was ist erlaubt, was tut man besser nicht? Was wird von mir verlangt, welche Freiheit habe ich? Wie wäre es ohne Regeln zu leben? Und welche Regeln brauchen wir in der Zukunft?“ Diese Fragen stellt uns Rimini Protokoll und fährt bei „DOs & DON’Ts“ mit seinem Publikum in einem umgebauten LKW durch Nürnberg. In Erlangen, Nürnberg, Fürth und Schwabach wird Rimini Protokoll auch seine erste Produktion für Jugendliche in deutscher Erstaufführung vorstellen: „Bubble Jam“ erforscht ohne Bühne und ohne Schauspielerinnen und Schauspieler, ob da jemand ist, auf der anderen Seite des Internets.
Zwei Inszenierungen, die für die formale Vielfalt stehen, die wir mit dem internationalen figuren.theater.festival ausloten dürfen. Sie stehen aber auch für die Weiterentwicklung der Themen des Festivals, für die Vertiefung inhaltlicher Fragestellungen und die Eröffnung neuer Diskurse. Eine ganze Reihe von Gastspielen wird sich in diesem Jahr mit gesellschaftlichen und politischen Veränderungen und mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Leben beschäftigen – von klassischem Puppenspiel bis zur experimentellen Performance. Aber, denn das ist die DNA dieses Festivals, immer auf eine originelle und spielerische Weise.
Schon als Student war Renaud Herbin in Erlangen zu Gast, jetzt wird er das 21. internationale figuren.theater.festival gemeinsam mit der Tänzerin Julie Nioche und mehreren hundert Papierfiguren in einer Produktion des von ihm geleiteten TJP Straßburg eröffnen. In Nürnberg reitet die slowenische Gruppe Via Negativa zum Auftakt in „The Ninth“ durch die Klanglandschaften von Beethovens Neunter Sinfonie und liefert damit einen performativen Kommentar zur Lage Europas und in Fürth feiert Helmut Haberkamms fränkischer Western „Glopf an die Himmelsdür“ mit dem Theater Kuckucksheim rockig Premiere. Über 180 Vorstellungen von 70 Compagnien sind in den folgenden zehn Tagen im Städtegroßraum zu sehen, darunter Klassiker wie die Compagnie Mossoux-Bonté, Meinhardt & Krauss cinematographic theatre, Wilde & Vogel, das Theater Waidspeicher oder Akhe, Festival-Lieblinge der letzten Jahre wie die Compagnie 111, Nikolaus Habjan, Philippe Quesne, Berlin, Miet Warlop, BOT und Eva Meyer-Keller, streitbare Arbeiten von Romeo Castellucci, Julian Hetzel oder dem O-Team und viele Künstlerinnen und Künstler, die zum ersten Mal mit ihren Inszenierungen dabei sind, wie Rabih Mroué, die Compagnie Selon l’Heure & Ali Moini, die Compagnie Philippe Saire, Michikazu Matsune, steptext dance project oder Livsmedlet Theatre.
Als das internationale figuren.theater.festival vor vierzig Jahren das erste Mal in Erlangen stattfand, spielte Straßentheater eine wichtige Rolle. Später lag der Fokus eher auf klassischen Veranstaltungsorten, zum einen, weil die Blütezeit des Straßentheaters zu Ende ging, zum anderen aber auch, weil die knappen Ressourcen Konzentration verlangten. Wenn wir heute über Demokratisierung der Kultur, über Partizipation und neue Zielgruppen nachdenken, spielt der öffentliche Raum wieder eine wichtige Rolle. Mit ihren Auftritten werden in diesem Jahr renommierte Künstlerinnen und Künstler wie die Compagnie Yoann Bourgeois, Chloé Moglia und Rhizome, David Zinn, foolpool oder flunker produktionen für Überraschung und Irritation sorgen. Und an ungewöhnliche Orte, wie zum Beispiel den Burgbergkeller in Erlangen, entführen Stars der Medienkunst wie Kurt Hentschläger oder Dries Verhoeven.
„Es geht in meinen Arbeiten nicht darum, zu erklären“, sagt Rabih Mroué. „Ich kann nur versuchen, gute Fragen zu stellen, Gedanken mit dem Publikum zu teilen und es mit unfertigen Ideen zu konfrontieren. In dieser Hinsicht unterscheide ich mich von einem Politiker. Ich komme auf die Bühne, um meine Zweifel mit anderen zu teilen und gemeinsam mit dem Publikum nach Antworten zu suchen.“ Wir sind glücklich darüber, dass unser Publikum bereit ist, sich auf das Suchen einzulassen. In Gesprächen, Vorträgen und neuen diskursiven Formaten werden wir uns um ein wenig Orientierung bemühen. Im besten Fall, hat sich unser Horizont nach zehn Festivaltagen wieder ein Stückchen erweitert.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen spannende Erlebnisse beim 21. internationalen figuren.theater.festival 2019!
Ihr Festival-Team